9.6.2017 Studientag "Die religiöse Grundlage der Menschenrechte: Georg Jellinek (1851-1911)"
Am 9. Juni 2017 fand ein Studientag zum Thema „Die religiöse Grundlage der Menschenrechte: Georg Jellinek (1851-1911)“ mit Francesco Ghia (Professor für Politische Philosophie an der Universität Trient) als Gastvortragenden statt, der vom Fachbereich Theologische Grundlagenforschung und der Forschungsplattform RaT organisiert wurde. Der Studientag setzte sich mit dem bedeutenden österreichischen Philosophen und Staatsrechttheoretiker Georg Jellinek auseinander. In einem Vortrag entfaltete Francesco Ghia Jellineks Verständnis des Rechts als eines „ethischen Minimums“, das allerdings immer auf ein vorgegebenes Ethos angewiesen bleibt, das vom Recht nicht selbst hervorgebracht, sondern nur anerkannt werden kann. Eine zentrale Thematik bildete Jellineks geschichtliche Rekonstruktion des Ursprungs der Freiheitsrechte des Einzelnen, welche die zeitgenössisch gängige Rückführung der Menschenrechte der Déclaration von 1789 auf den Einfluss Rousseaus zurückwies. Die Menschenrechte in ihrer Betonung individueller Freiheit und Gleichheit hätten ihre Grundlage laut Jellinek vielmehr in der Religionsfreiheit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und Verfassung, deren nicht politischer, sondern religiöser Ursprung im Protestantismus liege. Jellineks Interpretation einer religionsgeschichtlichen Genese der Menschenrechte wurde von Ghia einerseits zum Aufweis der Relevanz von Jellineks Ansatz betont, die Tragweite des Religiösen dort zu suchen, wo sie zunächst nicht vermutet wird. Andererseits wurde die These eines religiösen Ursprungs politischer Rechte zum Ausgangspunkt für weiterführende Diskussionen über die Notwendigkeit einer Selbstbeschränkung des Staates gegenüber dem ethischen Bereich des Gewissens, wobei die aktuelle Relevanz dieser Selbstbeschränkung bis zum drohenden Verlust der Differenz zwischen Öffentlichem und Privatem in der Postmoderne reicht.