Ontologia dell’immagine (Ontologie des Bildes)
Am Dienstag 4. Juni 2019 von 18:30 bis 20:00 Uhr hat im Rahmen des DiplomandInnen-, DissertantInnen- und HabilitandInnenseminars „Neue Narrative des Heiligen und des Humanum. Teil II“ ein Vortrag des italienischen Philosophen Claudio Ciancio mit dem Titel „Ontologia dell’immagine: immagine della realtà e realtà dell’immagine” (Ontologie des Bildes: Bild der Realität und Realität des Bildes) stattgefunden.
Claudio Ciancio ist Schüler eines der berühmtesten und wichtigsten italienischen Philosophen des 20. Jh., Luigi Pareyson, und hat den größten Teil seines Werkes der Weiterentwicklung der Philosophie Pareysons gewidmet. Er hat seine wissenschaftliche Arbeit sowohl in Italien als auch in Deutschland beheimatet, wo er Mitglied der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München gewesen ist. Derzeit ist er Professor für theoretische Philosophie an der „Università del Piemonte Orientale“ und Präsident des „Centro studi filosofico-religiosi Luigi Pareyson“ in Turin.
In seinem Vortrag hat Claudio Ciancio versucht, eine hermeneutische Philosophie im Sinne seines Lehrers zu entwickeln, die in der Lage ist, den ontologischen Rang des Bildes in den Blick zu nehmen. Die Hermeneutik zeigt laut Ciancio eine besondere Paradoxie des Bildes, nämlich eine paradoxe Übereinstimmung von Identität und Differenz, Sein und Nicht-Sein. Das Bild ist Interpretation der Realität. Als solche ist es einerseits etwas autonomes, d.h. etwas anderes als diese Realität selbst, aber andererseits ist die Realität des Bildes nichts anderes als diejenige, von der es Bild ist. Das Bild ist also nicht einfach eine Kopie der Realität, sondern Manifestation und Ausdruck der Realität selbst. Damit stellt das Bild eine ontologische Steigerung dar. Die Realität bleibt aber an sich unerschöpflich und ständig für neue Bilder und Interpretationen offen. Es wäre daher ein Fehler zu glauben, dass ein Bild eine vollkommene Objektivierung der Realität darstellen kann.
Aufgabe der Philosophie des Bildes ist also die offenbarende paradoxe Dimension des Bildes betont. In dieser Hinsicht wird die Kunst – jede Form von Kunst, von der Poesie bis zur Kinematographie – der privilegierte Ansprechpartner der Philosophie, da die Kunst den authentischen Ort darstellt, wo bedeutende und offenbarende Bilder erzeugt werden können.
Veranstaltungsrückblick von Mattia Coser